Denn lassen wir uns von den Ängsten oder Befürchtungen, das Schöne am Biken nehmen – sicher nicht, da kann man sein Motorrad gleich in der Garage stehenlassen ….

Bei mir wars auch schon länger her, über 12 Jahre und da bin im Gelände gestürzt, gehört also quasi dazu. Seit damals bin ich viel gefahren, mit unterschiedlichen Motorrädern, bis ich meine Heimat auf meiner ‚HD Sporster 48‘ und meiner Harley-Davidson Police gefunden habe. In den letzen Jahren bin ich als Safety der Harley-Davidson Charity Tour oft wild und riskant unterwegs gewesen, aber auch beim normalen fahren, hab ichs gern ein bissi flotter 😉

Dienstag 7. Juli 2015 8:05, Nigges am Weg hinauf zum „Großen St. Bernhard“:

Ich habe mich in der Früh aus Gstaad von der ‚Breitling HD Gruppe‘ verabschiedet und wollte Richtung Süden, um das von mir geliebte Meer zu sehen, außerdem habe ich ja noch ein paar Tage Urlaub, den ich leider alleine verbringen muss, aber das ist eine andere Geschichte …

Ich war gut drauf, meine Gedanken an alles andere sind am Bike wie nicht vorhanden, eine Kurve folgt auf die nächste … kein Verkehr, die Straßen vom Tau etwas feucht. Hinauf geht’s: endlich!

Ein LKW ist geschwind überholt und das Bike im Rückspiegel lasse ich auch immer kleiner werden. Da kommt die Linkskurve, nicht zu schnell, Blick in den Ausgang gerichtet und schön angesetzt. In Sekunden Bruchteile, ich kann mich nicht mehr erinnern wie oder was liege ich da, drehe mich, falle auf den Boden und knall mit meinem Helm am die Leitschienen. Bei längeren Touren trage ich, Gott sei Dank, schon einen etwas „größeren“ Helm aus unbekannter Produktion. Auch hier hatte ich Glück, da es mit der rechten Seite passierte und nicht frontal.

Ein deutscher Urlauber stand auf dem Parkplatz der Gegenfahrbahn und beobachtete alles. Mein Glück: Ich bat ihm etwas hinunter zu laufen und den LKW zu warnen, der ja hinter mir war und meine Harley voll erwischt hätte. Langsam stand ich auf und tastet mich ab .. kein Blut und keine Schmerzen .. Den Helm behielt ich auf, doch aus Angst ..

Der deutsche Urlauber half mir das Motorrad auf die Beine zu stellen und an den Rand zu schieben. Ich war doch etwas benommen, bedanke mich für die Hilfe und rauchte mir mal eine an.

Ein Schweizer Straßenmeister hörte via Funk davon und war sofort da und fragte, wie es mir geht. Ich wusste es nicht. Was war geschehen, hat mich mein Bike abgeworfen, war ich nicht gut zu ihm. Die Kurve, nichts besonderes ..

Der Kupplungshebel, Spiegel, Trittbrett und Seitenständer waren etwas ramponiert, auch die Verkleidung hatte einige Kratzer – egal, jetzt gibt’s nur eins: Geschwind weiter fahren! Maschine sprang an und ich nahm nicht den Tunnel, sondern die Passstraße. Irgendwie fühlte Sie sich an wie immer, aber ich war ein anderer. Auf der Passhöhe angekommen, zwickte ich den Kabelbinder des Seitenständers auf und bestellte mir einen Doppio …

Langsam merkte ich wie mir die Rippen auf der rechten Seite schmerzten, mein linkes Knie, meine rechte Schulter und auch die Beule auf der rechten Seite weh tan. Ich machte ein paar Fotos und schickte Sie an meinen Lebensmenschen mit den Worten: „Endlich Italien, alles in Ordnung!“ Niemand soll sich wegen mir sorgen …

Was nun? Keine Frage: Kabelbinder her, alles fixieren und rauf aufs Bike … und los geht’s …

Bei Pausen und Tankstopps schauten alle ein wenig verdutzt, weil ich mein Bike an der rechten Seite an Wänden oder sonstigen anlehnte 😉 … Red Bull Stop in Pisa, ein Foto vom schiefen Turm, aber ich wollte noch weiter …

Ein paar Kilometer nach Livorno in Scarlino fand ich mein Endziel für den Tag und sprang sofort in den Pool. Mein Körper schmerzt, jedoch schmeckt das Bierchen schon. Müde fiel ich in Bett und stellte mir den Wecker auf 7:30. Und ich wusste, die Schmerzen sind am nächsten Tag immer viel schlimmer …

Der Seitenständer mit einem Gepäckfixiergurt montiert ging es die Weinstraße der Toskana weiter. Die Schmerzen waren da, selbst der Helm am Kopf drückte und schmerzte. Die ersten Autos überholt, wie immer und auch die Kurven, ja sie machten Spaß. Die Gegend ein Traum und ich fühlte mich wieder wie der alte! Fast, aber ich konnte mich an allem wieder erfreuen und konnte die Eindrücke wieder wie früher aufsaugen. Die Landschaft, die Leute, die einem zuwinken, die Kurven, die Sonne … alles war wieder da!!

Etwas traurig, die Schönheit der Toskana, Siena, Florenz usw. alleine zu erleben. Ungefähr so wie der Baum, der umfällt: Macht es ein Geräusch, wenn es niemand hört?

Nach rund 1500 km bin ich auf der anderen Seite Italiens am Meer angekommen. Rudi von Fischers Harley-Davidson in Wien war schnell kontaktiert und sie freuten sich alle, dass es mir gut geht. Ich solle vorbeikommen, alle notwendigen Teile sind da …

Eine Schweizer Nummer versuchte mich zu erreichen, ich rufte zurück: Der Straßenmeister, dem ich meine Daten gab, erkundigte sich nach meinen Befinden und teilte mir mit, dass am Anfang der Kurve ein Ölfleck war, dieser wieder entfernt wurde, und sie sich alle auf meinen nächsten Besuch in der Schweiz freuen würden. Tja, so schnell kann’s gehen, erleichtert, dass es nicht an mir lag, sondern halt eben passiert ist, nahm ich einen Schluck von meinen Aperol … und, die Schweizer Pässe sehen mich wieder 😉 …

Am Abend lernte ich Ingrid und Rudi Hörl aus Oberösterreich kennen und da merkte ich, daß ich das Funkeln vom Biken, von Harleyfahren noch immer in den Augen habe und Personen noch immer infizieren kann. Er wird sich beim Dealer in Linz bald eine Harley ausborgen und sich nach 18 Jahren wieder auf ein 2rad setzen …

Die leichten Schrammen an Sturzbügel und Verkleidung werden nicht ausgebessert, den sie gehören zu mir. Werde ich in Zukunft anders fahren, eine Jacke tragen, einen sicheren Helm: Nein, den ich lasse mir mein Biken von nichts und niemanden nehmen! Nicht von der Bank, nicht von einem Menschen, nicht von Ängsten …

„See you on the road!“